Hintergrund ist die Neuregelung der Zuständigkeit im Saarland in zwei Teilbereichen der Sozialhilfe. Dies erklärten der Vorsitzende des Landkreistages Saarland, Landrat Franz Josef Schumann, und der Präsident des Saarländischen Städte- und Gemeindetages, Oberbürgermeister Fritz Decker, am heutigen Tag in Saarbrücken. "Das im letzten Monat in Kraft getretene Gesetz hätte solide ausgehandelt werden müssen, um finanzielle Risiken für die kommunale Ebene im Saarland auszuschließen", so Landrat Schumann. Oberbürgermeister Decker führte weiter aus, "dass eine saubere Abwägung aller Kostenfaktoren und ein entsprechender Kostenausgleich durch das Land unabdingbar gewesen wäre".
Im letzten Monat trat im Saarland eine Neuordnung von Zuständigkeiten in der Sozialhilfe in Kraft. Danach wurde den Landkreisen und dem Stadtverband Saarbrücken der gesamte Bereich der Hilfe zur Pflege für über 65-Jährige übertragen, das Land ist zukünftig für die Eingliederungshilfe für Behinderte allein zuständig. Diese weitreichende Änderung war Teil des Nachtragshaushaltes des Landes. Die beiden kommunalen Spitzenverbände hatten den Landtag hingegen gebeten, die Neuregelung der Zuständigkeiten in der Sozialhilfe aus dem Haushaltsfinanzierungsgesetz zum Nachtragshaushalt herauszunehmen und in einem eigenen Gesetzgebungsverfahren zu regeln. "Die kurze Frist zur Anhörung der beiden kommunalen Spitzenverbände der saarländischen Kommunen von nur neun Tagen und die Verabschiedung eines Gesetzes mit derart weitreichenden Folgen für die kommunale Ebene im Zuge eines Nachtragshaushaltes des Landes ist ein einmaliger Vorgang", so Landrat Schumann. Oberbürgermeister Decker erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass dieses Vorgehen "mit der Strategie der kommunalen Verantwortungspartnerschaft zwischen Land und Kommunen nicht vereinbar ist".
Bei der Berechnung des finanziellen Ausgleiches für die Aufgabenübertragung fehlt nach Auffassung der beiden Verbände ein wesentlicher Faktor. "Dieser Faktor besteht, salopp gesagt, darin, dass die Schere zwischen Leistungen der Pflegeversicherung einerseits und dem Bedarf in der Pflege immer weiter auseinandergeht", so Landrat Schumann. Die Deckelung der Leistungen in der Pflegeversicherung ziehe bei wachsendem Pflegebedarf automatisch ergänzende Hilfen zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz nach sich, die dann von den Kreisen und Kommunen geleistet werden müssten. "Angesichts der demografischen Entwicklung kommen hier finanzielle Risiken von erheblicher Tragweite auf die Kommunen zu", so Oberbürgermeister Decker weiter.
Vor diesem Hintergrund ist nach Auffasung des Landkreistages Saarland und des Saarländischen Städte- und Gemeindetages die Frage nach der Übereinstimmung des Gesetzes mit Artikel 120 der saarländischen Verfassung zu stellen. " Deshalb wollen wir die Auswirkungen des Gesetzes sorgfältig prüfen, denn wir haben Zweifel, ob das Verfassungsgebot der Konnexität bei diesem Gesetz im Vorfeld sauber geklärt wurde", betonte Landrat Schumann. Oberbürgermeister Decker führte aus: "Die saarländische Verfassung bestimmt in diesem Punkt eindeutig, dass bei Übertragungen vom Land auf die Kommunen ein entsprechender Kostenausgleich durch das Land zu erfolgen hat".
Vom Grundsatz her ist es zu begrüßen, dass Zuständigkeiten klar geregelt werden, weil es zu effizienteren Hilfen und Kosteneinsparungen kommen kann. "Aber wir fordern Verhandlungen für eine solide finanzielle Ausgleichsregelung, auch für die Zukunft. In diesem Sinne müsste das Gesetz nachgebessert werden", so Schumann und Decker abschließend.
Saarbrücken, den 03. September 2003
Für den Landkreistag Saarland:
Geschäftsführer Martin Luckas
Für den Saarländischen Städte- und Gemeindetag:
Geschaftsführendes Vorstandsmitglied
Richard Nospers