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Deutscher Landkreistag: Verwaltungsreform im Saarland: Landkreistag lehnt Schwächung der Landkreise kategorisch ab!

Duppré und Schumann: "Aufgabenerfüllung aus einer Hand darf nicht zerschlagen werden"

Das Präsidium des Deutschen Landkreistages (DLT) hat auf seiner Sitzung im saarländischen Landkreis St. Wendel die derzeit diskutierten Vorschläge für ein „modifiziertes Staatsmodell“ im Saarland scharf kritisiert. „Die Vorschläge verkennen die verfassungsrechtlich abgesicherten Aufgaben der Landkreise. Sie würden die bei den Landkreisen gebündelte Wahrnehmung kommunaler und staatlicher Aufgaben aus einer Hand zerschlagen. Dadurch ginge ein er-hebliches Maß an bürgernaher Verwaltung verloren“, so DLT-Präsident Landrat Hans Jörg Duppré (Südwestpfalz) und der Vorsitzende des Landkreistages Saarland, Landrat Franz Josef Schumann (St. Wendel). In ihrer Auffassung be-stätigt sehen sie sich durch die bundesweit beachtete Entscheidung des Lan-desverfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vor vier Wochen. Das Ge-richt hatte die dort geplante Verwaltungsreform wegen Eingriffs in das Selbst-verwaltungsrecht der Landkreise für nichtig erklärt.

Im Saarland sieht ein aktueller Vorschlag des Innenministeriums ein sog. modifizier-tes Staatsmodell vor. Danach sollen insbesondere diverse bisher auf der Kreisebene wahrgenommene Aufgaben auf die Landesebene verlagert werden. „Das betrifft etwa Aufgaben der Kommunalaufsicht, der Ausländerbehörden, der Wasserbehörden, der Naturschutzbehörden und der Lebensmittelüberwachung, die nunmehr statt auf Kreisebene zentral durch staatliche Landesämter wahrgenommen werden sollen“, erläutert Schumann.
Nach Auffassung der Verbandsvorsitzenden seien die saarländischen Landkreise und der Stadtverband Saarbrücken im bundesdeutschen Vergleich überdurchschnitt-lich gut aufgestellt. „Die beabsichtigte Schwächung dieser bewährten und leistungs-starken Verwaltungsebene ist daher nicht nachzuvollziehen und entbehrt jeglicher Logik. Bisher ist die Landesregierung den Nachweis schuldig geblieben, dass sie diese Aufgaben besser zentral auf der staatlichen Ebene erbringen kann.“

DEUTSCHER LANDKREISTAG - DER KOMMUNALE SPITZENVERBAND repräsentiert
74% der Aufgabenträger 68% der Bevölkerung 96% der Fläche DEUTSCHLANDS

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Zugleich ist beabsichtigt, die Landkreise in ihrer Verantwortlichkeit für örtliche Aufga-ben derjenigen Gemeinden, die mit der Wahrnehmung einzelner Aufgaben überfor-dert sind, stark zu beschneiden. Künftig soll ein Landkreis in den Bereichen Verkehr und bürgerschaftliches Engagement nur noch nach Abstimmung mit den Gemeinden tätig werden dürfen und nur dann, wenn sich die Gemeinden an den Kosten beteili-gen. Schumann dazu: „Das stellt die Aufgabenerfüllung der Landkreise unter einen Wirtschaftlichkeitsvorbehalt der Gemeinden, der die Aufgabenwahrnehmung ver-kompliziert und behindert. Im Ergebnis ist zu befürchten, dass wichtige Aufgaben eingeschränkt oder überhaupt nicht mehr wahrgenommen werden.“

Duppré verdeutlichte in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Kreisebene für eine effiziente und bürgernahe Verwaltungsstruktur: „Die Stärke der Landkreise liegt gerade darin, eine Brücke zwischen bürgerferner staatlicher Landesverwaltung und den bürgernahen Gemeinden zu schlagen, gleichzeitig aber auch die einzelne Ge-meinde in ihrer Aufgabenerfüllung zu unterstützen, wo sie überfordert ist.“ Insofern schlössen die Landkreise die Lücke zwischen staatlich zentraler Aufgabenerfüllung und notwendiger orts- und bürgernaher Aufgabenerfüllung in den Gemeinden. Land-kreise seien eigenständige Gebietskörperschaften mit dem verfassungsrechtlich ga-rantierten Recht auf kommunale Selbstverwaltung und lebendige Kommunen, in de-nen die Kreisbürger über den Kreistag unmittelbar auf die Aufgabenwahrnehmung im Kreis Einfluss nehmen könnten. Zu Recht habe deshalb Altbundespräsident Johan-nes Rau den Ausspruch geprägt: „Wenn es die Landkreise nicht gäbe, müsste man sie erfinden! Nur wenige Schöpfungen der Verwaltungskunst haben sich so glänzend bewährt.“
„Die Landkreise vereinen gleich mehrere Funktionen in einer Organisation, von der keine entfernt werden kann. Sie sind Gemeindeverband mit ausgleichenden und er-gänzenden örtlichen Aufgaben, Gebietskörperschaft mit eigenen überörtlichen Auf-gaben und untere bürgernahe staatliche Verwaltungsinstanz in einem. Nach den Vorstellungen der saarländischen Landesregierung wäre allerdings diese erfolgrei-che Aufgabenerfüllung aus einer Hand kaum mehr möglich“, machte Duppré ein-dringlich klar.

Bestätigt sehen sich dabei Duppré und Schumann durch das Urteil des Verfas-sungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zur dortigen Verwaltungsreform. „Das Ge-richt hat klar gemacht, dass die Landkreise ein verfassungsrechtlich verbürgtes Recht auf eigenverantwortliche Wahrnehmung von Selbstverwaltungsaufgaben ha-ben und als kommunale Gebietskörperschaften nicht beliebig um ihre Aufgaben ge-bracht werden dürfen. Insofern kommt dem Urteil Signalwirkung auch für das Saar-land zu“, so Duppré abschließend.

Berlin, den 31. August 2007